Dienstag, 31. März 2015

Bildpräsentation Holger Zimmermann "Nimm Platz"


Holger Zimmermann, Nimm Platz, 2013, Fotografie
Eine blühende Gesellschaft mit Wohlstand für alle ist und war das offizielle Ziel aller Kultur(en). Was passiert jedoch mit den Orten, die nicht mehr in diese Gesellschaft passen?

Für seine Fotografie sucht Holger Zimmermann genau diese vergessenen Orte auf. Er besucht verlassene Bergwerke, Schwimmbäder oder Lungenheilanstalten, die vom Menschen verlassen wurden und durch Zerstörung und Verwitterung eine neue Gestalt erhalten haben.

Holger Zimmermann sucht diese vergessenen Orte auf und fotografiert, was von ihnen übrig ist. Es ist ein ehrliche Momentaufnahme, da der Künstler weder manuell vor Ort, noch digital am Computer die Orte verfremdet. So wie sie vorgefunden wurden, wurden sie fotografiert.

Heute möchte ich euch die Fotografie „Nimm Platz“ von Holger Zimmermann vorstellen. Das Foto entstand 2013 und stellt ein Beispiel für das Vergessen in Holger Zimmermanns Kunst dar.
Die Fotografie zeigt eine Raumecke, in der ein Sessel steht. Die Wände des Raumes bestehen zur Hälfte aus einer braunen Holzvertäfelung. Über der Holzvertäfelung auf der linken Seite ist eine Wandmalerei zu sehen. Auf ihr ist eine Waldlandschaft mit zwei bis drei Menschen, vielleicht eine Jagdszene. Die restliche Wand ist in einem Grünton gehalten. Hinter der Wandmalerei ist eine Flügeltür, dessen rechte Seite offen steht, zu sehen. Die obere Hälfte der Tür besteht aus mehreren viereckigen Glasscheiben, mit vereinzelten roten. Die Decke ist mit einer weißen Holzvertäfelung bedeckt. Der Sessel steht links, knapp unter den menschlichen Figuren der Wandmalerei. Es ist ein rustikaler Sessel, der mit einem Beigen, floralen Stoff bespannt ist. Der Holzboden wirkt verstaubt. Auf dem Boden findet sich ebenfalls mein Lieblingsobjekt der Fotografie, ein Bifipapier rechts vom Sessel.

Beim Betrachten der Fotografie stellen sich dem Betrachter verschiedene Fragen. Wo befindet sich dieser Ort? Wofür wurde es genutzt? Woher kommt das Bifipapier?

Auf die letzte Frage besitze ich leider keine Antwort. Wo sich der fotografierte Ort befindet, weiß ich leider nicht genau, der Künstler hält seine vergessenen Orte gerne verborgen. Das einzige was ich sagen kann ist, dass es ein Schloss in Belgien oder Deutschland ist. Es wurde zuallererst als Jagsschlösschen und später als ein Bordell genutzt. Die Überbleibsel dieser Tätigkeiten sind wahrscheinlich die Wandmalerei und die roten Glasfenster.

Das Vergangene wird wieder vergegenwärtigt. Der heutige Betrachter bekommt einen Einblick ins vergessene, gestrige Leben, indem er das morbide und verwitterte sieht.
Dieses Konzept verfolgt der Künstler nicht nur in seiner Fotografie, sonder ebenfalls in seiner Malerei, in seinen Collagen und bei seinen Pigmentdrucken.
Die Malereien von Holger Zimmermann beziehen sich auf die 50er und 60er Jahre. Fotos aus der Werbung und Illustrierten enthebt der Künstler aus dem Kontext und stellt die Motive auf verfremdete Art und Weise neu dar. Die Bilder wirken auf den ersten Blick heiter und idyllisch. Bei genauerem Hinsehen fallen bei den unscharfen und schattenhaften Figuren Ungereimtheiten auf, die auf einen Verfall dieser hindeuten.
In seiner Serie P.U.C. wird der Verfall noch sichtbarer. In dieser Serie entnimmt Holger Zimmermann Porträts aus dem PinUp der 50/60 Jahre und verfremdet sie. Das Gesicht, der Mensch, der Körper ist noch zu erkennen, jedoch wird durch die Verwendung von starker Farbigkeit und Struktur auch diese Vorlage der Zerstörung, dem Zerfall, dem Vergessen ausgesetzt.
Es entsteht eine neue Ästhetik, welche einem "schönen Horror" gleicht.
Es wird deutlich, dass die Vergangenheit eine große Rolle in Holger Zimmermanns künstlerischen Arbeit spielt. In seiner Fotografie werden verfallene Gebäude, in denen Menschen gelebt oder gearbeitet haben, festgehalten. Sie rufen zum Teil Erinnerungen und unerkannte Sehnsüchte hervor. Der Titel des hier ausgestellten Werkes „Nimm Platz“ suggeriert zudem eine Wiederverwendung des Ortes. Vor allem will das Werk von Holger Zimmermann die Vergangenheit wieder in das Bewusstsein des Betrachters zurückbringen, auf keine verschönerte Weise, sondern so wie die Vergangenheit ist: als eine Erinnerung.

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